Weekly Backlog KW 49/2025
Editorial Europa spricht seit über zehn Jahren über digitale Souveränität. Man könnte also …

Europa spricht seit über zehn Jahren über digitale Souveränität. Man könnte also annehmen, dass die Debatte heute auf einer gewissen Flughöhe geführt wird: nüchtern, realistisch, strategisch. Doch statt einer Vision erleben wir eher einen schlechten Reboot alter Diskussionen.
Diese Woche zeigt exemplarisch, wo wir stehen:
Europa ist nicht zu spät dran – aber es läuft langsam die Zeit.
Zentrum Digitale Souveränität (ZenDiS) liefert ein Whitepaper, das im Grunde ein Pflichtdokument für jede CIO-, CISO- und Behördenrunde sein sollte. Es definiert — erneut — die essenziellen Kriterien für digitale Souveränität: Kontrolle, Transparenz, Interoperabilität, Reversibilität, Unabhängigkeit von außereuropäischen Rechtsregimen. Und es benennt klar, was viele trotz jahrelanger Diskussion immer noch nicht akzeptieren wollen: Nichts, was US-Hyperscaler aktuell als „Sovereign Cloud" verkaufen, erfüllt diese Kriterien.
Die Marketingstrategie ist durchschaubar: Neue Regionen mit deutschem Branding, Betriebsmodelle mit Dienstleistern vor Ort, hübsche proprietäre Datenraum-Labels – aber die strukturelle Macht bleibt unangetastet. Solange Code, Updates, Identitätsarchitektur und Rechtsrahmen in Kalifornien liegen, bleibt Europa abhängig. Das Whitepaper zeigt unmissverständlich: Diese Angebote adressieren politische Erwartungen, aber keine technischen oder rechtlichen Anforderungen.
CIOs können sich im Jahr 2025 nicht länger hinter „Komplexität" verstecken. Die Fakten liegen vor. Wer trotzdem proprietäre Blackboxen einkauft, verschiebt Risiken in die Zukunft - und zwar die öffentliche.
Privatim, die Schweizer Datenschutzkonferenz, sorgt für einen Knall: Ein faktisches Verbot von US-Hyperscalern für Behörden, sobald besonders schützenswerte oder geheimhaltungspflichtige Daten verarbeitet werden. Das ist keine Symbolpolitik, sondern eine nüchterne sicherheitspolitische Analyse.
Die Gründe sind eindeutig:
Privatim formuliert damit eine Wahrheit, die Europa seit Jahren umkreist: Man kann nicht gleichzeitig „souverän" sein und zentralste digitale Infrastrukturen von Anbietern benutzen, die fremden Staaten rechtlich verpflichtet sind.
Das ist kein Datenschutzdetail. Das ist Geopolitik. Und die Schweiz macht etwas, wozu die EU sich bisher nicht durchringen konnte: eine politische Entscheidung auf Basis technischer Logik.
GitLab liefert drei Sicherheits-Patch-Releases (18.6.1, 18.5.3, 18.4.5), die mehr sind als Routine-Wartung. Sie enthalten Fixes für Schwachstellen, die für On-Premise-Installationen massiv gefährlich sind.
Die wichtigsten:
Weitere Fixes betreffen Authentifizierungs-Umgehungen, Token-Leakage im Terraform-Registry-Bereich, DoS im HTTP-Response-Handling und Fehler in Registry- und Markdown-Komponenten. Die Releases enthalten tiefgreifende Änderungen in Sidekiq, der Container Registry, Pagination und Merge-Request-Polling.
On-Prem-Teams sollten sofort updaten, insbesondere wenn CI/CD intern kritische Deployments, Secrets-Management oder automatisierte Rollouts steuert. Zero-Downtime ist möglich, aber nicht garantiert — je nach Setup.
Links:
GitLab Release Notes: https://about.gitlab.com/releases/2025/11/26/patch-release-gitlab-18-6-1-released/
Heise-Analyse: https://www.heise.de/news/Sicherheitsluecken-in-GitLab-Angreifer-koennen-Zugangsdaten-abgreifen-11096105.html
Der Vorstoß, Microsoft 365 im EU-Parlament abzuschaffen, ist richtig und überfällig. Doch Teile der Debatte rutschen gerade in eine absurde Richtung: Es geht plötzlich um Tastaturen, Monitore und Mäuse.
Zur Erinnerung: Digitale Souveränität entsteht nicht bei Peripherie-Geräten. Sie entsteht bei Betriebssystemen, Identitätsinfrastrukturen, Cloud-Plattformen, Kommunikationssystemen – also all den Bereichen, die Europas politische Entscheidungsprozesse real beeinflussen können.
Die großen Abhängigkeiten liegen nicht auf dem Schreibtisch, sondern im Backend:
Solange Europa diese Schichten ignoriert, bleibt jede Debatte über „strategische Autonomie" ein Witz.
Peripherie-Debatten sind bequem - aber sie lösen keine Probleme.
Diese Woche kommt der Blogpost von mir selbst – inspiriert durch die Ausgabe #214 von „allesnurgecloud.com" von Andreas Lehr . Er hatte darin ein „Lockangebot" von IONOS genannt: Wonach dort Nextcloud nach ersten Monat wohl doch pro User abgerechnet wird. Ein Modell, das auf den ersten Blick also günstig wirkt, aber schnell zur Kostenfalle werden kann.
Genau hier setze ich in meinem Blogpost an: Es reicht nicht, Nextcloud anzubieten. Entscheidend ist, wie sie betrieben und abgerechnet wird.
Bei ayedo verfolgen wir einen anderen Ansatz: Nextcloud läuft als Managed App direkt im Kubernetes-Cluster unserer Kunden, ohne Nutzerlimits, ohne pro-Kopf-Kosten und mit echter Datenhoheit.
Warum dieses Betriebsmodell langfristig souveräner, transparenter und wirtschaftlich sinnvoller ist – und warum viele „günstigen" Angebote am Ende doch nicht so unabhängig sind, wie sie wirken – das erkläre ich im vollständigen Blogpost.
Blogpost lesen: https://ayedo.de/posts/nextcloud-souveran-betreiben-warum-das-wie-entscheidend-ist/
ayedo Nextcloud (Managed App): https://ayedo.de/apps/nextcloud/
Newsletter #214 von Andreas Lehr: https://www.linkedin.com/pulse/shai-hulud-20-digitale-souver%C3%A4nit%C3%A4t-meeting-kultur-schweiz-lehr-ibhce?utm_source=share&utm_medium=member_ios&utm_campaign=share_via
D64 diskutiert heute (3. Dezember) mit Felix Reda über die Frage, wie Europa digitale Souveränität nicht nur fordern, sondern endlich institutionalisieren kann.
Der deutsche Sovereign Tech Fund zeigt bereits, wie existenziell wichtig es ist, kritische Open-Source-Komponenten systematisch zu stabilisieren — denn viele dieser Projekte halten Wirtschaft, Verwaltung und kritische Infrastruktur überhaupt erst am Laufen.
Ein europäischer Fonds wäre der logische nächste Schritt:
Europa kann nicht souverän werden, solange die technische Infrastruktur, auf der alles aufbaut, projektbasiert und zufällig finanziert wird. Der EU-Fund wäre ein Paradigmenwechsel — weg von Reaktivität, hin zu strategischer technischer Resilienz.
Link: https://d-64.org/veranstaltungen/open-source-talk-mit-felix-reda/
Klaus Meffert: Europas Souveränität ist keine Theorie – sie wird längst gelebt
Dr.-Ing. Klaus Meffert liefert auf LinkedIn eine der präzisesten Momentaufnahmen zur digitalen Souveränität in Europa, die man aktuell finden kann. Sein Beitrag ist kein Meinungsstück, sondern eine Bestandsaufnahme – und sie fällt überraschend deutlich aus: Europa hat längst funktionierende Alternativen zu Microsoft & Co., aber Deutschland ignoriert sie konsequent.
Meffert zeigt anhand realer Institutionen, wie weit Europa eigentlich schon ist:
Der rote Faden: Diese Beispiele sind keine Experimente, sondern produktive, große, komplexe Systeme. Genau die Art von Umgebungen, von denen deutsche Behörden gerne behaupten, dort sei Open Source „nicht machbar".
Meffert benennt auch klar, wo die strukturellen Probleme liegen:
Seine Botschaft ist unmissverständlich: Es fehlt nicht an Alternativen, nicht an Technologie und nicht an Know-how – es fehlt an politischem Willen und institutioneller Konsequenz.
Ein Beitrag, der die Debatte in Deutschland sehr viel weiter bringen könnte, wenn ihn mehr Entscheider wirklich lesen würden.
Link: https://www.linkedin.com/feed/update/urn:li:activity:7400105437846740993/

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