Zoll-Deal mit Trump: Das Saarland zahlt den Preis

Manchmal genügt ein einziger Satz, um die politische Realität in ihrer ganzen Bitterkeit offenzulegen. In diesem Fall lautet er: “Der Zoll-Deal mit den USA ist Schadensbegrenzung – zu einem sehr hohen Preis.” So kommentierte es jüngst Frank Thomé, Hauptgeschäftsführer der IHK Saarland. Und dieser Preis? Könnte im Saarland bis zu 17.000 Arbeitsplätze kosten.

Meta: Katrin Peter · 04.08.2025 · ⏳ 4 Minuten · Alle Blogs →

Manchmal genügt ein einziger Satz, um die politische Realität in ihrer ganzen Bitterkeit offenzulegen. In diesem Fall lautet er: “Der Zoll-Deal mit den USA ist Schadensbegrenzung – zu einem sehr hohen Preis.” So kommentierte es jüngst Frank Thomé, Hauptgeschäftsführer der IHK Saarland. Und dieser Preis? Könnte im Saarland bis zu 17.000 Arbeitsplätze kosten.

Was wurde eigentlich beschlossen?

US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben Ende Juli ein Abkommen geschlossen, das auf den ersten Blick wie ein Befreiungsschlag wirken soll. Statt 30 % Einfuhrzölle auf europäische Produkte gibt es „nur" noch 15 % pauschal. Das klingt nach Erleichterung – bis man ins Kleingedruckte schaut.

Denn für bestimmte Branchen, insbesondere Stahl und Aluminium, bleiben die bisherigen Strafzölle von 50 % bestehen. Diese Sätze treffen kaum ein anderes Bundesland härter als das Saarland, das wirtschaftlich stark auf Stahl, Automobilzulieferung und Maschinenbau angewiesen ist.

Gleichzeitig verpflichtet sich die EU, für 750 Milliarden Dollar US-Energie (LNG, Öl, Uran) einzukaufen und weitere 600 Milliarden in die US-Wirtschaft zu investieren. Kein Wort davon, wie man gleichzeitig europäische Souveränität oder strategische Unabhängigkeit stärken will. Kein Schutzmechanismus gegen Wettbewerbsverzerrungen durch Billigimporte aus China. Kein Stahlabkommen zur Sicherung der Industrie in Europa.

Die Lage im Saarland: Zahlen mit Gesichtern

Eine aktuelle Studie der htw saar und der IHK Saarland zeigt, wie tief der Deal ins Mark trifft: Bis Ende 2026 sind über 2.000 Arbeitsplätze direkt bedroht – vor allem durch steigende Exportkosten, wegbrechende Aufträge und Lieferkettenprobleme. Mittel- bis langfristig könnten es bis zu 17.000 Jobs sein. Nicht in abstrakten „Sektoren", sondern in konkreten Betrieben. In Völklingen, Dillingen, Neunkirchen. In den Werkshallen, die seit Jahrzehnten für industrielle Wertschöpfung in Deutschland stehen.

Die ökonomischen Effekte sind dabei nicht nur auf den Zollsatz zurückzuführen. Viel gefährlicher sind die indirekten Folgen: steigende Kosten bei Vorleistungen, sinkende Wettbewerbsfähigkeit, Unsicherheit bei Investitionen. Was passiert, wenn ein US-Kunde den Zulieferer aus dem Saarland einfach austauscht – weil es in Korea oder Mexiko günstiger ist? Was passiert, wenn neue Handelswege entstehen, ohne dass wir selbst Teil davon sind?

Politische Reaktion: Empörung im Konjunktiv

Die Antwort der Politik? Saar-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) fordert ein zusätzliches Stahlabkommen mit den USA. Der Appell ist richtig – aber kommt zu spät. Die Bundesregierung verweist auf langfristige Strategieprozesse und internationale Abkommen, die „geprüft werden müssten". Auf EU-Ebene herrscht Funkstille. Währenddessen werden Fakten geschaffen – und zwar nicht in Berlin oder Brüssel, sondern in Washington.

Die Einigung mit Trump zeigt vor allem eines: Europa verhandelt nicht mehr auf Augenhöhe. Es akzeptiert Bedingungen, die nicht partnerschaftlich, sondern einseitig sind. Diese digitale und wirtschaftliche Abhängigkeit wird systematisch ausgebaut. Aus Angst vor Eskalation entstehen Deals, die nicht schützen, sondern schaden. Die EU erkauft sich „Planungssicherheit" – um den Preis der eigenen industriellen Substanz.

Ein strukturelles Versagen

Dass die USA ihre Industrie schützen, ist legitim. Dass Europa dem nichts entgegensetzt, ist ein politisches Versäumnis. Die globale Wirtschaftsordnung ist im Umbruch – aber Deutschland handelt, als würde man mit alten Regeln weiterspielen können.

Es fehlen industrielle Leitplanken. Es fehlt ein Handelskonzept, das europäische Interessen in den Mittelpunkt stellt. Stattdessen wird auf „freie Märkte" gesetzt – selbst wenn der Rest der Welt längst nicht mehr frei spielt. Während Trump seine Zölle als industriepolitisches Werkzeug nutzt, diskutieren wir über Berichtspflichten und ESG-Ratings.

Und was macht die EU? Sie betreibt Außenwirtschaftspolitik, als wäre sie eine NGO.

Der Preis der Unterordnung

Die 17.000 gefährdeten Jobs im Saarland sind keine Folge eines Schicksalsschlags. Sie sind Ausdruck davon, dass wir europäische Interessen systematisch aus dem Blick verloren haben. Statt souveräne Cloud-Infrastrukturen zu fördern, investieren wir in US-Abhängigkeiten. Dass wirtschaftliche Souveränität geopfert wird – für kurzfristige politische Ruhe.

Ein Zollabkommen, das in Schottland beschlossen wird, führt dazu, dass in Burbach Schichtarbeiter ihre Zukunft verlieren. Dass Industrien, die jahrzehntelang Wertschöpfung erzeugt haben, zum Kollateralschaden einer EU werden, die ihre Rolle als wirtschaftspolitischer Akteur vergessen hat.

Fazit: Kein technischer Fehler – eine politische Entscheidung

Diese Entwicklung ist kein Betriebsunfall. Sie ist das Resultat einer Politik, die glaubt, dass geopolitische Realität verhandelbar sei. Die in jeder Konzession ein Zeichen der Stabilität sieht – selbst wenn der Preis Arbeitsplatzverlust, Deindustrialisierung und Abhängigkeit heißt.

Der Deal mit Trump ist kein diplomatischer Erfolg. Er ist ein Weckruf. Für Berlin, für Brüssel, vor allem aber für die Industrie in Deutschland – bevor aus 17.000 bedrohten Jobs ein Strukturbruch mit Ansage wird.

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