Microsoft sperrt das E-Mail-Konto eines Chefanklägers. Europa schaut zu.
Katrin Peter 2 Minuten Lesezeit

Microsoft sperrt das E-Mail-Konto eines Chefanklägers. Europa schaut zu.

Ein leitender Ermittler des Internationalen Strafgerichtshofs verliert den Zugriff auf seine E-Mails – weil ein US-Präsident Sanktionen verhängt. Microsoft zieht mit. Ohne Verfahren, ohne Rechtfertigung, ohne Konsequenzen.
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Ein leitender Ermittler des Internationalen Strafgerichtshofs verliert den Zugriff auf seine E-Mails – weil ein US-Präsident Sanktionen verhängt. Microsoft zieht mit. Ohne Verfahren, ohne Rechtfertigung, ohne Konsequenzen.

Ein Fall, der alles offenlegt, was viele in Europa weiterhin ignorieren: Unsere digitale Infrastruktur liegt außerhalb unserer Kontrolle. Wer heute Dienste wie Microsoft 365 oder Azure nutzt, handelt nicht neutral. Er gibt Kontrolle ab.


Was passiert ist, ist keine Ausnahme – es ist systemisch

  • Ein UN-Ermittler wird technisch entmündigt.
  • NGOs beenden aus Angst vor Sanktionen die Zusammenarbeit mit dem IStGH.
  • Ermittlungen zu Kriegsverbrechen kommen zum Stillstand – nicht aus Mangel an Beweisen, sondern weil Zugänge blockiert wurden.

Wer darüber liest und denkt: “Das betrifft uns nicht” – der irrt.


Europäische Institutionen, Unternehmen, Behörden – sie alle hängen an denselben Plattformen

Und diese Plattformen stehen nicht unter europäischer Rechtsprechung. Sie folgen politischen Vorgaben aus Washington – ob offen ausgesprochen oder implizit vermittelt. In Krisensituationen entscheidet kein Gericht über Zugriff oder Sperrung. Es entscheidet eine US-Behörde. Oder ein Unternehmen mit Sitz in Seattle.

Das ist kein theoretisches Risiko. Es ist Realität.


Wer in Europa jetzt noch auf US-Hyperscaler setzt, entscheidet sich bewusst für Abhängigkeit

Kriterium Status unter US-Diensten
Kontrolle über Daten Nicht vorhanden
Zugriffssicherheit Politisch undurchsichtig, jederzeit entziehbar
Datenschutz Nicht vereinbar mit europäischer Gesetzgebung
Rechtsdurchsetzung Nur mit US-Anwälten und langem Atem möglich

Es geht nicht um Ideologie, sondern um Funktionsfähigkeit

Die Sperrung von E-Mail-Zugängen durch US-Konzerne ist keine Randnotiz. Sie zeigt, was möglich ist, wenn wir Systeme nutzen, die außerhalb unserer Handlungsreichweite liegen. Wer auf diesen Plattformen plant, kommuniziert und speichert, muss sich im Klaren sein: Die technische Basis ist nicht neutral. Sie ist Teil geopolitischer Machtlogik.


Die Konsequenz ist klar

Ein Strategiewechsel ist überfällig. Nicht aus Prinzip, sondern aus Notwendigkeit. Nur Infrastruktur, die in Europa entwickelt, betrieben und kontrolliert wird, schützt uns vor externem Zugriff und politischer Willkür.

Dieser Fall ist ein Weckruf – für alle, die noch glauben, dass Compliance allein ausreicht.

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