ZenDiS in der Krise: Warum die Abberufung von Jutta Horstmann ein Warnsignal für Open Source ist

Die plötzliche Abberufung von Jutta Horstmann als Geschäftsführerin des Zentrums für Digitale Souveränität (ZenDiS) wirft fundamentale Fragen zur strategischen Ausrichtung der öffentlichen IT in Deutschland auf. Wo bleibt die digitale Souveränität, wenn die Visionäre gehen?

Meta: Katrin Peter · 17.04.2025 · ⏳ 3 Minuten · Alle Blogs →

Die plötzliche Abberufung von Jutta Horstmann als Geschäftsführerin des Zentrums für Digitale Souveränität (ZenDiS) wirft fundamentale Fragen zur strategischen Ausrichtung der öffentlichen IT in Deutschland auf. Wo bleibt die digitale Souveränität, wenn die Visionäre gehen?

Ein Rückschritt zur Unzeit

Mitten in einer Phase, in der Open-Source-Initiativen in der öffentlichen Verwaltung endlich Fahrt aufnehmen, überrascht das Bundesinnenministerium (BMI) mit einer Entscheidung, die nicht nur irritiert, sondern ernsthafte Zweifel an der digitalen Agenda der Bundesregierung weckt. Jutta Horstmann, eine anerkannte OSS-Expertin und langjährige Fürsprecherin freier Software, wurde ohne konkrete Begründung von ihrer Rolle im ZenDiS abberufen.

Offiziell spricht das BMI von einer “Bündelung von Prozessen und Kompetenzen”. De facto jedoch verliert das ZenDiS seine strategische Stimme - ausgerechnet in einem Moment, in dem Open Source stärker denn je politische Rückendeckung und fachliche Führung braucht.

Vom strategischen Wandel zum operativen Vertrieb?

Mit der Trennung von Horstmann steht zu befürchten, dass sich das ZenDiS von einer strategisch denkenden Instanz zur reinen Produktvertriebsplattform wandelt. Dabei war der Anspruch ein anderer: Open Source sollte nicht nur geliefert, sondern auch vermittelt, erklärt und auf breiter Basis verankert werden - technisch, kulturell und organisatorisch.

Die Einführung von openDesk als digitalem Arbeitsplatz der Verwaltung war nie nur eine Softwareentscheidung. Es ging um Souveränität gegenüber Microsoft & Co., um Datenschutz, Innovationsfreiheit und europäische Kooperation. Mit Frankreich und den Niederlanden wurden erste Partnerschaften aufgebaut - ein vielversprechender Start, der jetzt ins Stocken geraten könnte.

Digitale Souveränität braucht Führung - nicht Verwaltung

Ohne strategische Leitung droht dem ZenDiS eine gefährliche Schieflage: Effizienz über Vision, Lieferlogik über Langfriststrategie. Dabei hatte der IT-Planungsrat bereits 2021 erkannt, wie gefährlich die Abhängigkeit der öffentlichen Verwaltung von US-Konzernen wie Microsoft, Oracle oder VMware ist. Open Source war das gewählte Gegenmodell - offen, kontrollierbar, unabhängig.

Diese Zielrichtung verliert ihren Fokus, wenn das Zentrum für digitale Souveränität künftig ohne OSS-Kompetenz an der Spitze agiert. Der Verbleib von Alexander Pockrandt als kaufmännischer Geschäftsführer - ohne erkennbare Open-Source-Expertise - nährt diesen Eindruck.

Was jetzt wichtig ist

Damit Open Source in der öffentlichen Hand mehr ist als ein politisches Alibi, braucht es:

Handlungsfeld Was jetzt zu tun ist
Strategische Führung Eine OSS-kompetente Doppelspitze, die technische wie politische Perspektiven verbindet.
Partizipation der Länder Endlich die Beteiligung der Bundesländer am ZenDiS ermöglichen - für echte föderale Mitgestaltung.
Transparenz Offenlegung der Entscheidungsgründe zur Abberufung und klare Kommunikation zur künftigen Ausrichtung.
Community-Einbindung Stärkerer Dialog mit OSS-Communities und europäischen Partnern, statt Top-down-Ansätzen.

Fazit: Jetzt zählt die Richtung

Die Debatte um ZenDiS ist mehr als ein Personalthema. Sie ist ein Lackmustest dafür, ob die Bundesregierung digitale Souveränität wirklich will - oder ob sie im Zweifel doch lieber bei den gewohnten, proprietären Wegen bleibt. Unternehmen wie ayedo setzen sich für echte, nachhaltige Open-Source-Strategien ein, die langfristige Unabhängigkeit, Sicherheit und Innovationskraft ermöglichen.

Denn digitale Souveränität ist kein Projekt. Sie ist ein Prinzip. Und das braucht mehr als nur ein Feigenblatt.

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