Transatlantische Illusion – Wie Europa sich zum Daten- und Investitionslieferanten macht
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Dass die Bundeswehr ihre Daten künftig in der Google Cloud speichert, ist kein IT-Projekt. Es ist ein sicherheitspolitischer Offenbarungseid. Genauso wie die Entscheidung, Peter Thiels Palantir direkten Zugriff auf deutsche Polizeidaten zu geben. Diese beiden Beispiele sind keine singulären Fehltritte – sie sind Ausdruck eines systemischen Versagens. Deutschland hat seine digitale Souveränität aufgegeben.
Statt eine kohärente digitale Strategie zu entwickeln, hat sich die Bundesregierung darauf beschränkt, amerikanische Hyperscaler zum Standard zu erheben. Cloud-Infrastruktur, Identitätsmanagement, Kommunikationsnetze, Cybersicherheit – fast alle kritischen Systeme werden strukturell von US-Konzernen getragen. Die Illusion, man habe damit „die besten Technologien" eingekauft, ersetzt jede geopolitische Analyse. Wer Daten in die Google Cloud legt, wer Palantir in polizeiliche Systeme integriert, entscheidet sich nicht für Effizienz, sondern für Abhängigkeit.
Die Vorstellung, man kaufe bei Google, Microsoft oder Amazon lediglich neutrale Dienstleistungen ein, ist naiv. Diese Konzerne sind tief in die Sicherheitsarchitektur der USA eingebettet, finanziert und gefördert durch Pentagon, NSA und CIA-nahe Fonds wie In-Q-Tel. Ihre Vormachtstellung ist kein marktwirtschaftlicher Zufall, sondern seit Jahrzehnten strategisch geplant. Silicon Valley war nie unabhängig – es war immer Teil des militärisch-industriellen Projekts, nur mit kommerziellen Oberflächen.
Wenn staatliche Institutionen ihre Daten in diese Infrastrukturen verlagern, geben sie nicht nur Kontrolle ab. Sie machen sicherheitsrelevante Systeme angreifbar für ausländische Interessen. Dass Palantir, ein Unternehmen mit erklärten politischen Feindbildern in Europa, künftig Zugriff auf deutsche Polizeidaten hat, ist nicht einfach ein IT-Risiko. Es ist ein politischer Dammbruch. Wie der digitale Ausverkauf Europas voranschreitet, zeigt sich in solchen Entscheidungen besonders deutlich.
Europa verfügt mit der DSGVO über eines der strengsten Datenschutzwerke weltweit. Doch während man Datenflüsse reguliert, verkauft man die Infrastruktur, in der diese Daten verarbeitet werden, konsequent an Dritte. Es gibt keine ernsthafte Industriepolitik, die auf den Aufbau europäischer Alternativen setzt. Stattdessen werden milliardenschwere Cloud-Budgets in die USA transferiert und als „Transformation" gefeiert.
Die Folge: Deutschland ist strukturell unfähig, souveräne Entscheidungen in der digitalen Sphäre zu treffen. Wer die Infrastruktur nicht kontrolliert, kontrolliert auch nicht die Daten. Und wer die Daten nicht kontrolliert, verliert nicht nur Wettbewerbsvorteile, sondern politische Handlungsfähigkeit.
Die kurzfristige Logik, „die besten Tools" zu kaufen, blendet den langfristigen Preis aus. Vendor-Lock-In, Abhängigkeit vom Cloud Act, steigende Kosten und die Aufgabe jeder eigenen Gestaltungsmacht sind nicht Nebenwirkungen, sondern Grundprinzipien dieses Modells. Big Tech verkauft nicht nur Rechenleistung, sondern politische Bindungen. Und Deutschland hat sich darauf eingelassen – ohne Debatte, ohne Strategie, ohne Plan B.
Wer glaubt, dass diese Entwicklungen eine Randfrage sind, täuscht sich. Digitale Infrastruktur ist heute genauso sicherheitsrelevant wie Energie oder Rüstung. Wer sie aus der Hand gibt, verzichtet auf Souveränität. Deutschland und Europa müssen endlich aufhören, Infrastruktur mit Konsumgütern zu verwechseln. Es reicht nicht, Cloud-Services zu kaufen und das Fortschritt zu nennen. Es braucht eine industriepolitische Antwort, die eigene Kapazitäten aufbaut, europäische Standards durchsetzt und strategische Abhängigkeiten beendet. Warum wir uns jetzt von AWS, Azure und Google Cloud verabschieden müssen, wird in diesem Kontext besonders deutlich.
Die ARD-Dokumentation „Digitale Ohnmacht – Deutschland im Bann von Big Tech" zeigt diese Zusammenhänge präzise und faktenbasiert. Sie benennt die Fehler der letzten zwanzig Jahre, legt die Verflechtungen von Tech-Konzernen und Militär offen – und macht klar, dass es höchste Zeit ist, diesen Kurs zu korrigieren.
Klare Empfehlung: ansehen. Wer danach noch glaubt, es handele sich um reine Technikfragen, hat das eigentliche Problem nicht verstanden. \n
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